„Langweilig wird es nie!“

Dr. Ina Wiederhold, Landesgewerbeärztin und Referentin im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein

„Schon als Studentin habe ich mich für Arbeitsmedizin interessiert“, erinnert sich Dr. Ina Wiederhold. „Ich wollte immer den Ursachen von Erkrankungen auf den Grund gehen, Krankheiten verhindern, nicht nur heilen.“ Teile ihrer Famulatur absolvierte die gebürtige Kasselerin folgerichtig bei einem großen Automobilkonzern. Dort lernte sie die gesamte Bandbreite arbeitsmedizinischer Tätigkeit kennen. „Das gab den Ausschlag“, sagt die 51-Jährige. „Der Betriebsarzt hat mich überall mitgenommen: zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, zur Begutachtung der Arbeitsplätze, ins Labor.“ Bis heute fasziniert sie, „dass man als Arbeitsmedizinerin voll im Berufsleben steht: im eigenen wie in dem der anderen.“ Als Landesgewerbeärztin ist sie für 130.000 schleswig-holsteinische Betriebe zuständig. Diese Vielfalt kann keine Praxis und keine Klinik bieten.

„In meiner Position kann ich vieles bewegen: ganz konkret für den Einzelnen im Betrieb wie auch für ganze Berufsgruppen oder Menschen in ähnlichen Lebenslagen, indem ich beispielsweise an Gesetzesvorhaben zum Arbeits- und Gesundheitsschutz mitwirke. Das macht meine Tätigkeit so spannend und sinnstiftend für mich.“

Im Betrieb vor Ort und in Gremien auf Bundes- und Landesebene unterwegs

Dr. Ina Wiederhold ist sowohl als Landesgewerbeärztin als auch als Referentin für das Gesundheitsministerium in Schleswig-Holstein tätig. Als Landesgewerbeärztin berät sie gemeinsam mit dem staatlichen Arbeitsschutz Betriebe, einzelne Beschäftigte und Betriebsärzte in arbeitsmedizinischen Fragen. Darüber hinaus wirkt sie bei der Feststellung von Berufskrankheiten mit, indem sie vor Abschluss des von den Unfallversicherungen geleiteten Verfahrens ein gewerbeärztliches Gutachten erstellt. Dabei prüft sie mit Blick auf die Versicherten und Unfallversicherungen, ob alle Aspekte berücksichtigt und die Verdachtsanzeige umfassend geprüft wurde. „Das kann im Einzelfall dazu führen, dass ergänzende Beweiserhebungen durchgeführt werden müssen und die Erkrankung der betroffenen Person als Berufserkrankung schließlich anerkannt wird.“ Wenn sie nach intensiver, objektiver Prüfung zu einem positiven Bescheid für den betroffenen Menschen beitragen könne, freue sie sich.

Als ebenso erfüllend beschreibt sie ihre Tätigkeit als Referentin im Gesundheitsministerium: „Hier kann ich meine wissenschaftliche Expertise und langjährige Praxiserfahrung einbringen“, sagt sie. So ist sie an Gesetzgebungsverfahren wie zuletzt der Novellierung des Mutterschutzgesetzes beteiligt, schreibt fachliche Stellungnahmen zu aktuellen Herausforderungen, arbeitet in Bund-Länder-Kommissionen, Arbeitsschutz-Ausschüssen oder großen Bündnissen wie der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie mit. Zurzeit kämpft sie dafür, dass Berufserkrankungen auch dann anerkannt werden können, wenn die betroffene Person ihren Beruf weiter ausübt. Bei einigen Berufskrankheiten wird für die Anerkennung vorausgesetzt, dass die bisherige berufliche Tätigkeit vollständig aufgegeben wird. „Das ist beispielsweise für Landwirte existenziell“, erklärt Dr. Wiederhold leidenschaftlich. „Die können ihren Beruf nicht mal so eben aufgeben.“ Präventionsmaßnahmen sollen ihnen ermöglichen, weiter als Landwirt trotz anerkannter Berufserkrankung tätig zu sein.

Vom Land nach Berlin

Diese zwei Seiten, die konkrete Beratung von Menschen und Betrieben vor Ort und der fachliche Austausch mit den Kollegen in den anderen Ländern und im Bund, machen für sie den Reiz ihrer Tätigkeit aus. Jungen Medizinerinnen und Medizinern rät sie, bereits im Studium näher in das Fach Arbeitsmedizin hineinzuschnuppern: „Die Arbeitswelt ist vielfältig und bietet aufregende Arbeitsplätze. Sie verändert sich ständig, es gibt immer wieder neue Herausforderungen. Es wird wirklich niemals langweilig.“

Curriculum Vitae

Studium und Ausbildung. *1967 in Kassel, 1987-1994 Medizinstudium in Marburg, seit 2001 Fachärztin für Arbeitsmedizin, Bezeichnung Umweltmedizin und Ernährungsmedizin, 2002-2007 Landesgewerbeärztin beim Landesamt für Gesundheit und Arbeitssicherheit Schleswig-Holstein, seit 2008 zusätzlich Referentin im Referat Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin, Prävention in der Arbeitswelt im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren des Landes Schleswig-Holstein

Berufsweg: 1995-1996 Ärztin im Praktikum, danach Assistenzärztin beim Ärztlichen Dienst der Stadt Karlsruhe (Verwaltung, Stadtwerke, Städtisches Klinikum, Gartenbauamt, Zoo, Schlachthof, Forstamt etc.), 1997-2000 Truppenärztin bei der Bundeswehr, ein Jahr Bundeswehrkrankenhaus Amberg, Einsatz im Flüchtlingslager Cegrane in Mazedonien, 2001 Assistenzärztin in einer chirurgischen Praxis mit Tagesklinik in Peine und in einer allgemeinmedizinischen Praxis in Kassel; 2006 Promotion

Kernkompetenz: leidenschaftliche Präventionsmedizinerin, die sich für gute und sichere Arbeitsbedingungen einsetzt