„Die Arbeitsmedizin hat eine zentrale Rolle im Pandemie-Management“

Porträt: Professor Dr. Christoph Oberlinner, Leitender Werksarzt (Chief Medical Officer) bei BASF SE, Corporate Health Management, Ludwigshafen

Schon als junger Arzt, nach Zwischenstationen in Neurologie und Innerer Medizin, zog es Christoph Oberlinner in die Arbeitsmedizin: „Mich interessierte vor allem, wie ein Unternehmen im Unterschied zur Klinik oder Praxis auf die Gesundheit blickt“, erzählt der heute 48-Jährige. Davon ist er bis heute begeistert: „In der Arbeitsmedizin stehen Prävention und Vorsorge im Vordergrund. Wir beraten die Beschäftigten in Bezug auf Ihre Tätigkeit und nutzen gleichzeitig das Setting „Arbeitsplatz“ für eine allgemeine Prävention. In einem modernen betrieblichen Gesundheitsmanagement sehe ich mich als Werksarzt in einer wichtigen Lotsenfunktion.“

„Ich bin seit mehr als vierzehn Jahren praktizierender Arbeitsmediziner in einem Großunternehmen – und das mit großer Leidenschaft und Begeisterung. Die Prävention im „Setting Arbeitsplatz“ stellt eine wertvolle Ergänzung des haus- und fachärztlichen Versorgungssystems in Deutschland dar: im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge erreichen wir dabei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem für präventive Maßnahmen idealen Alter.

Zeit für Patientinnen und Patienten

Den Großteil seiner Arbeitszeit verbringt Professor Dr. Oberlinner mit der arbeitsmedizinischen Beratung von Beschäftigten sowie klassischen Vorsorgeuntersuchungen. „Dabei betrachte ich Menschen nicht ausschließlich als Beschäftigte in ihrem Bezug zu ihrem Arbeitsplatz“, erklärt der gebürtige Ludwigshafener. „Wir sprechen vielmehr ganzheitlich: auch über private Probleme, Stress, falsche Ernährung oder zu wenig Bewegung.“ Das Schöne sei, dass man alle Beschäftigten regelmäßig sehe und dadurch persönlich kenne. Im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen erreicht man dabei auch Menschen, die im allgemeinen Gesundheitssystem eher selten zu Ihrem Hausarzt gehen. „Auch diese Nähe des Arbeitsmediziners zu den Menschen ist sehr wertvoll.“

Was Professor Christoph Oberlinner an seiner Arbeit schätzt:

  • Etablierung eines modernen betrieblichen Gesundheitsmanagements
  • Persönliche Nähe und das Vertrauensverhältnis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens als Voraussetzung für eine erfolgreiche Prävention
  • Die Arbeitsmedizin im wissenschaftlichen und internationalen Kontext voranbringen; neue Präventionskonzepte entwickeln und erproben

Lehre, Forschung, Austausch vor Ort und in der Welt

Zusätzlich zu seiner Werkstätigkeit lehrt Professor Dr. Christoph Oberlinner seit 2010 Arbeitsmedizin an der Universitätsmedizin in Mainz. Darüber hinaus tauscht er sich konzernweit mit den Kolleginnen und Kollegen über neue arbeitsmedizinische Forschungsergebnisse aus. „Das ist natürlich das Besondere, wenn man in einem internationalen Unternehmen arbeitet“, erklärt er. „Im Rahmen meiner wissenschaftlichen Tätigkeit und der aktiven Mitarbeit in Gremien, kann man so auch die Zukunft der Arbeitsmedizin mitgestalten.“

Eine der Kernkompetenzen in der Arbeitsmedizin: Kreativität!

Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner müssen sich ständig auf neue Herausforderungen einstellen. Etwa auf so etwas Unkalkulierbares wie die aktuelle SARS-CoV-2-Pandemie: „Die vergangenen zwei Jahre waren maximal vom Umgang mit dem Corona-Virus geprägt“, berichtet Professor Oberlinner. Um das Unternehmen mit seinen über 35.000 BASF-Beschäftigten bestmöglich durch die Krise zu lotsen, waren kreative Konzepte gefragt: Wie können in einem Großkonzern mit Schichtbetrieb Infektionsketten nachverfolgt und unterbrochen, Hygienekonzepte und Schutzmaßnahmen umgesetzt werden? Wie gelingt es, alle Beschäftigten individuell und zugleich kollektiv zu beraten und zu informieren?

Seit April 2021 wurden im eigens dafür eingerichteten Impfzentrum der BASF am Standort Ludwigshafen Mitarbeitende gegen Corona geimpft. Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hat das BASF-Impfzentrum als offizielles Corona-Impfzentrum im Rahmen des Modellprojektes „Betriebsarztimpfungen“ akkreditiert. Mittlerweile haben dort mehr als 30.000 BASF-Mitarbeitende eine Erst-, Zweit-oder Boosterimpfung erhalten. Die Pandemie hat dabei gezeigt, wie wichtig ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement ist.

Curriculum Vitae

Studium und Ausbildung. *1974 in Ludwigshafen, 1993-2000 Medizinstudium und Promotion in Heidelberg, 2006 Facharzt für Arbeitsmedizin, 2010 Habilitation für das Fach Arbeitsmedizin, 2016 Außerplanmäßige Professur für das Fach Arbeitsmedizin an der Universitätsmedizin Mainz.

Berufsweg: 2009-2011 Vice President „Gesundheitsförderung und Kommunikation“ in der Abteilung Corporate Health Management der BASF SE; 2011 – 2021 Vice President „Wissenschaftliche Evaluation und Internationale Gremien“, seit 2021 Senior Vice President und Chief Medical Officer bei BASF

Kernkompetenz: auf neue unternehmerische Herausforderungen wie die Digitalisierung mit unterstützenden Präventionskonzepten reagieren; neue arbeitsmedizinische Instrumente wie die Telemedizin anschieben; Arbeitsmedizin im internationalen Kontext wissenschaftlich vorantreiben.