03.01.2022

„Ich werde jetzt Arbeitsmedizinerin.“

Lydia von Wintzingerode, Stipendiatin des Förderjahrs 2020/2021, absolvierte einen Teil ihres Praktischen Jahres beim Mitteldeutschen Institut für Arbeitsmedizin in Leipzig. Was sich schon vorher abzeichnete, wurde zur Gewissheit: Nach bestandenem III. Staatsexamen im Dezember 2021 macht sie jetzt ihre Fachärztin in Arbeitsmedizin.

Eigentlich war sie in den drei Monaten Praktikum so gut wie ständig unterwegs. Besuchte Schulen, Industrieunternehmen, das Lagerhaus von Amazon am Flughafen. Da ent- und beladen die Lageristen und Lageristinnen die Transportflugzeuge. „Wenn man sie alle erwischen will, muss man sie an ihrem Arbeitsplatz aufsuchen“, lacht die 27-Jährige. In zwei vor Ort eingerichteten Zimmern beriet und untersuchte sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemeinsam mit der betreuenden Betriebsärztin. Nahm Blut ab, überprüfte das Sehvermögen, richtete Belastungs-EKGs ein. „Das ist das Besondere an der Arbeitsmedizin“, sagt Lydia von Wintzingerode. „Man ist jeden Tag woanders, hat Einblick in ganz neue Welten, hilft den Menschen, gesund zu bleiben.“ Ihr Entschluss steht fest: „Ich werde Arbeitsmedizinerin!“

Wie sieht die Arbeit einer angehenden Arbeitsmedizinerin in einem überbetrieblichen Dienst aus?

Lydia von Wintzingerode: Überraschend! Man ist viel unterwegs, hat mit vielen unterschiedlichen Menschen zu tun, hat abwechslungsreiche Aufgaben. Das Einzugsgebiet des Leipziger Instituts erstreckt sich von Magdeburg im Nord-Westen bis nach Dresden im Süd-Osten. Es betreut Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen: Logistik, Chemie, Betreuung, Bildung und Kultur. Ich war unter anderem im Leipziger Zoo, an der Uni, bei der Feuerwehr oder der Leipziger Oper im Einsatz. Diese Vor-Ort-Beratungen und -Untersuchungen machen rund fünfzig Prozent der Tätigkeit aus.

Und die anderen fünfzig Prozent?

Da schauen wir uns die Arbeitsplätze in den jeweiligen Unternehmen an und beraten die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Damit wir die Beschäftigten schützen können, müssen wir ja wissen, wie sie arbeiten und worin die Risiken bestehen. Das ist eine äußerst spannende und kreative Tätigkeit: Unsere Schutzmaßnahmen sollen ja weder die Arbeitsabläufe stören noch die Wirtschaftlichkeit gefährden. Immer geht es darum, dass alle Beschäftigten gesund und ihre Arbeitsplätze erhalten bleiben. Wir gucken beispielsweise gemeinsam mit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit, dass ein so beeindruckendes Ungetüm wie die Drehbühne der Leipziger Oper, die sich über drei Stockwerke in den Keller erstreckt, gefahrlos bedient werden kann.

Wie viele Unternehmen betreut eine einzelne Ärztin, ein einzelner Arzt?
Das kommt auf die Größe drauf an: Amazon beispielsweise ist so groß, dass der betreuende Arzt vollkommen ausgelastet ist. Die Unternehmen werden den Ärztinnen und Ärzten zugeteilt, sie sind für sie ganzheitlich zuständig. Man hat eine ganz normale 40-Stunden-Woche, keinen Schichtdienst. Was wirklich eine Herausforderung ist, sind die vielen Außendienst-Termine: Man sollte den eigenen Terminkalender unbedingt in Ordnung halten. Sonst ist man ganz schnell am falschen Ort.

Wie hat sich die Tätigkeit auf Ihren weiteren Werdegang ausgewirkt?

Es hat mich darin bestärkt, Arbeitsmedizinerin zu werden. Arbeitsmedizin ist so ganz anders: intensiv am Patienten, sinnvoll in seinem präventiven Ansatz. Wir helfen gesunden Menschen, gesund zu bleiben. Ich bin echt dankbar, dass ich das Fach für mich entdeckt habe.

Studierte erst Biochemie, dann Humanmedizin und wird jetzt Arbeitsmedizinerin: Lydia von Wintzingerode
(Foto: © Andreas Stedtler )