Am Puls der Zeit: den Wandel in der Arbeitswelt mitgestalten

Die Digitalisierung revolutioniert die Arbeitswelt. Zusätzlich zu den „alten Risiken“ wie Lärm, Gefahrstoffe, körperlich schwere oder belastende Tätigkeiten treten zunehmend neue und zum Teil noch ungewohnte Herausforderungen für Prävention und Gesundheitsförderung auf: die Aufhebung fester Büro-Arbeitsplätze, das Ineinanderfließen von beruflichen und privaten Belastungen, Arbeitsverdichtung, die Verflachung der Hierarchien, Stress und psychische Belastungen.

Video

Arbeitsmedizin kurz erklärt
(Quelle: DGAUM)

 

Ziel der Arbeitsmedizin ist die menschengerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen

Immer anspruchsvollere Tätigkeiten werden ebenso anspruchsvolle, unternehmenskompatible Präventions- und Vorsorgekonzepte fordern, die die Wechselbeziehung zwischen Arbeit und Gesundheit, arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken, Erkrankungen und Berufskrankheiten berücksichtigen. Dies zeigt auch das 2016 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention, dass die Zusammenarbeit aller Akteure stärkt. Damit Prävention und Gesundheitsförderung auch dort greifen können, wo es am nötigsten ist und Menschen in der Regel den größten Teil ihrer Zeit verbringen: am Arbeitsplatz. Für die Arbeitsmediziner und -innen ergeben sich daraus ganz neue, spannende Arbeitsfelder, die ihre ganze ärztliche und unternehmerische Kreativität fordern.

Ziel ist es,

  • arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen frühzeitig zu erkennen und zu verhüten, indem Ursachen aufgedeckt und daraus präventive Maßnahmen abgeleitet werden,
  • Erkrankungen und Berufskrankheiten zu verhindern, frühzeitig zu erkennen oder einer Verschlimmerung durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken,
    die Beschäftigten über die jeweils tätigkeitsspezifischen Gefährdungen aufzuklären, sie für mögliche Gefährdungen zu sensibilisieren und sie im Umgang damit zu beraten und zu unterweisen;
  • Beschäftigte einzeln in der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu beraten, über die individuellen Wechselwirkungen von Arbeit und Gesundheit aufzuklären und Empfehlungen auszusprechen (siehe auch Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge);
  • die Beschäftigten in ihrer Eigeninitiative und ihrem Verantwortungsgefühl für die eigene Gesundheit am Arbeitsplatz zu stärken;
  • die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu fördern und zu erhalten und deren berufliche Rehabilitation und Wiedereingliederung nach einer Erkrankung zu fördern;
  • Beschäftigte, Arbeitgeber und Personalvertretungen zu beraten und den betrieblichen Gesundheitsschutz weiterentwickeln.

Gefahren erkennen, arbeitsmedizinisch beraten, unternehmerisch denken

Das Aufgabenfeld des Arbeitsmediziners ist höchst abwechslungsreich: Beratungen, Untersuchungen, und Impfprävention gehören ebenso dazu wie die Begehung von Arbeitsplätzen, die Beurteilung von Gefährdungen oder Besprechungen mit Führungs- und Sicherheitsfachkräften zur Prävention und Gesundheitsförderung im Betrieb. Der Arbeitsalltag hat nicht nur mit Medizin zu tun. Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner müssen sich auch in den betrieblichen Abläufen und Organisationsstrukturen, in gesetzlichen Vorgaben des Arbeitsschutzes, in Psychologie, manchmal auch in Chemie und Biologie auskennen … je nachdem, in welchem Betrieb bzw. in welcher Branche sie tätig sind. Und: Sie lernen „ihre Firmen“ aus erster Hand kennen. Sie sind den Beschäftigten sehr nah und sind als beratende Führungskraft idealerweise direkt der Firmenspitze zugeordnet. In kleinen und mittelständischen Unternehmen ohne fest angestellte Betriebsärzte sind sie wichtige Berater der Unternehmer und Beschäftigten in allen Fragen des medizinischen Arbeitsschutzes.

Wo Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner arbeiten

Die Bandbreite der Arbeitsmöglichkeiten für Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner ist groß:

  • als direkt im Betrieb festangestellte Betriebsärztinnen und -ärzte: Sie unterstützen die Unternehmen bei der Entwicklung ihres betrieblichen Arbeitsschutz- und Gesundheitsmanagements und beraten Arbeitgeber und Beschäftigte in allen Fragen der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention.
  • als freiberufliche Betriebsärztinnen und -ärzte bzw. Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner oder festangestellt in überbetrieblichen Diensten. Ihre Aufgaben gleichen denen der festangestellten Kolleginnen und Kollegen mit dem Unterschied, dass sie oft für verschiedene Unternehmen und Betriebe – von klein bis mittelständisch – tätig sind.
  • als Ärztinnen und Ärzte in der staatlichen Gewerbeaufsicht oder anderen Institutionen des Arbeitsschutzes. Sie sind zum Beispiel in den Bundesländern bei Arbeitsschutzaufsichtsbehörden, Unfallversicherungsträger, in Landesinstituten und in Ministerien als arbeitsmedizinische Sachverständige, als Berater oder als Aufsichtspersonen tätig.
  • als Forschende oder Lehrende an Universitäten und wissenschaftlichen Instituten.
  • als direkt in Einrichtungen festangestellte Medizinerinnen und Mediziner, die sich mit den Wechselbeziehungen von Arbeit und Beruf einerseits und Gesundheit und Krankheit anderseits beschäftigen. Dazu gehören Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation, die Agentur für Arbeit, Sozialversicherungsträger und Krankenkassen.

Wertvolle betriebliche Ergänzung des haus- und fachärztlichen Versorgungssystems

Die Prävention und Gesundheitsförderung im „Setting“ Arbeitsplatz erreicht die rund 43Millionen Beschäftigten in Deutschland in der Regel dort, wo sie den größten Teil ihrer Zeit verbringen. Sie gelangt damit auch zu den Bevölkerungsgruppen, die ggf. gesundheitliche Risikofaktoren haben, aber noch nicht manifest erkrankt sind. Sie erreicht diejenigen, die von sich aus oft zu spät zum Arzt gehen und häufig nicht an allgemeinen Vorsorgeprogrammen, wie Krebsfrüherkennung oder Gesundheits-Check-Up, teilnehmen. Sie gilt daher insgesamt als erfolgsversprechend. Kernelemente sind daher neben der klassischen arbeitsmedizinischen Vorsorge neue Ansätze wie das Angebot von Gesundheits-Checks für alle Beschäftigten des Unternehmens und anschließende individuelle, zielgerichtete Präventions- und Interventionsmaßnahmen ggfs. in Zusammenarbeit mit den Krankenkassen.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Arbeitsmediziner und Betriebsärzte regelt u.a. das Arbeitssicherheitsgesetz, das unter anderem einen nicht abschließenden Katalog betriebsärztlicher Aufgaben enthält, das Arbeitsschutzgesetz, die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie die ärztliche Berufsordnung.

Warum ich in der Arbeitsmedizin arbeite

Es gibt viele Gründe, sich für das Fachgebiet Arbeitsmedizin zu entscheiden. Hier berichten Betriebsärztinnen und -ärzte, was den Beruf für sie so interessant macht.

© BASF

Das große Plus an dieser Fachrichtung ist: Wir therapieren nicht, sondern sorgen dafür, dass Menschen gar nicht erst krank werden!“ mehr

Professor Dr. med. Christoph Oberlinner, Festangestellter Betriebsarzt bei BASF/Ludwigshafen

Video: Berufsbild Arbeitsmedizin

Wechselte mit 56 Jahren zur Arbeitsmedizin: Beate Brandl-Hesse, Fachärztin für Allgemeinmedizin in Weiterbildung zur Arbeitsmedizinerin